Zu Content springen

Trade Republic lockt mit zweistelliger Rendite – Profi entlarvt Haken

Mein Experten-Interview zu Private Equity ELTIFs für Privatanleger in der Berliner Morgenpost

Berliner Morgenpost

(Hervorhebungen von mir hinzugefügt)

Private-Equity-Fonds locken mit hohen Renditen, doch Profis warnen vor Risiken.
Wie realistisch sind 12 Prozent bei Trade Republic wirklich?

Von Hannah Ritzmann, Redakteurin für Finanzen
14.12.2025, 06:04 Uhr

Zwölf Prozent Zielrendite pro Jahr – mit diesem Versprechen werben Neobroker wie Trade Republic für Private-Equity-Fonds, die seit geraumer Zeit auch Kleinanlegern offenstehen. Mit ihnen können Trade-Republic-Kunden in Firmen und Projekte investieren, die nicht an der Börse gehandelt werden. Dazu gehören mittelständische Unternehmen, Solarparks und Infrastrukturprojekte.

Doch wie realistisch ist die beworbene Zielrendite tatsächlich und worauf sollten Investoren achten? Wir haben bei Finanz-Profis nachgefragt. Dabei zeigt sich: Die Fonds sind nicht für jeden geeignet.

Private-Equity-Fonds: Was ist das?

Ein Private-Equity-Fonds (PE-Fonds) ist ein professionell verwalteter Investmentfonds. Das Fondsmanagement sammelt Geld von institutionellen Investoren (zum Beispiel Versicherungen, Pensionskassen) oder Privatpersonen ein, um Unternehmen zu kaufen, zu restrukturieren oder weiterzuentwickeln. Private Equity bedeutet wörtlich: „privates Eigenkapital“ – also Beteiligungen an Firmen, die nicht an der Börse gehandelt werden.

Diese Anlageklasse war lange Zeit aufgrund hoher Einstiegsbeträge nur Vermögenden oder institutionellen Investoren zugänglich. Eine neue Regelung der Europäischen Union zu „European Long-Term Investment Funds“ (ELTIFs) hat das aber 2024 geändert. Seitdem können auch Kleinanleger in solche Fonds einsteigen.

Private Equity über Trade Republic: Sind 12 Prozent Rendite realistisch? Klare Ansage

Konkret können Anglerinnen und Anleger bei Trade Republic nun zwischen zwei Private-Equity-Fonds wählen: dem Apollo (ISIN: LU3170240538) und dem EQT (ISIN: LU3176111881). Als Zielrendite nennt der Neobroker zwölf Prozent. Laut Trade Republic basieren diese Angabe auf der durchschnittlichen Zielrendite ähnlicher Fonds.

Kay Gallus von der Investmentgesellschaft HQ Trust, räumt ein: „Historische Daten zeigen, dass solche Renditen in der Vergangenheit durchaus realistisch waren.“ Die Investmentgesellschaft betreut sowohl institutionelle als auch sehr vermögende Kunden. Doch er betont: „Anleger sollten allerdings nicht vergessen, dass es sich hierbei um Durchschnittswerte handelt.“ Die Zahlen können von Jahr zu Jahr erheblich abweichen.

Zudem rechnet der Profi künftig mit einem Rückgang der Renditen. Der Grund? Früher konnten Private-Equity-Fonds oft hohe Gewinne erzielen, weil viele Unternehmen „Ineffizienzen“ hatten. Also zum Beispiel schlechte Strukturen, zu hohe Kosten oder ungenutzte Chancen. Schwächen wurden schnell erkannt, behoben und die Firmen dann teurer weiterverkauft. Mittlerweile ist jedoch auch dieser Markt „effizienter und professioneller“ und Verkäufe damit nicht mehr so profitabel.

Kritisch äußert sich auch Honorar-Finanzberater Jonas Völker. Zielrenditen, die über denen des Aktienmarkts liegen, seien grundsätzlich schon möglich und durch Studien belegt. Allerdings sei hier die Bandbreite groß. „Schon alleine deshalb ist die Angabe einer spezifischen Zahl – die von Anlegern ähnlich wie ‚2 Prozent aufs Girokonto‘ wahrgenommen werden kann – nicht besonders seriös“, urteilt Völker. Eine Zielrendite sei eine völlig unverbindliche Prognose, die auch komplett unrealistisch sein kann und keinerlei Garantie bietet.

Auch Gallus erklärt: „Die Renditen der Produkte, die auch Kleinanlegern offenstehen, fallen in aller Regel niedriger aus.“ Das liegt laut dem Experten vor allem an der Struktur der Fonds. Diese Produkte versuchen schließlich, eine schwer verkäufliche Anlageform leicht verkäuflich zu machen.

Über die Experten

Kay Gallus ist Co-Leiter Private Equity bei HQ Trust. Er ist bereits seit fast sieben Jahren bei der Investmentgesellschaft tätig und startete als Analyst im Bereich Private Equity.

Sandra Klug ist Abteilungsleiterin für Geld und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Hamburg e.V. Sie ist bereits seit fast 23 Jahren bei der Verbrauchzentrale tätig und startete ursprünglich als Juristin.

Jonas Völker ist als Honorar-Finanzanlagenberater selbständig. Er arbeitete zuvor bei unterschiedlichen Finanzdienstleistern im Bereich Private Equity.

Heißt: Private-Equity-Beteiligungen lassen sich normalerweise nicht schnell zu Geld machen – man muss oft Jahre warten. Wenn Privatanleger aber beispielsweise schon nach drei Monaten ihr Geld zurückhaben möchten, muss der Anbieter neben den Private-Equity-Anteilen auch sichere, festverzinsliche Anlagen im Portfolio halten. „Das verwässert dann aber die Rendite“, so Gallus. Hinzu komme, dass Fonds, die Privatanlegern zugänglich sind, oft eine höhere Gebührenbelastung haben als Profiprodukte.

Private-Equity-Fonds: Hohe Gebühren mindern potenzielle Rendite

Dabei kann diese Illiquidität nicht nur die Rendite schmälern, sondern auch ein Problem sein, wenn Privatanleger schnell an ihr Geld wollen. Laut Trade Republic handelt es sich um eine „nur eingeschränkt handelbare Anlageklasse“. Die Fonds können monatlich zurückgegeben werden, sofern sich auf dem internen Marktplatz ein Käufer findet. Ein erfolgreicher Verkauf hängt aber immer von der Nachfrage anderer Käufer ab.

Daher kann es in Ausnahmesituationen vorkommen, dass ein Verkaufsauftrag nicht vollständig oder nur teilweise ausgeführt wird. Auch Gallus betont: „Investoren sollten sich gut überlegen, wie lange sie auf das Kapital verzichten können oder ob sie es vielleicht doch benötigen.“

Hinzu kommt: Private-Equide-Fonds sind deutlich teurer als andere Produkten wie beispielsweise ETFs. Der Grund: Fondsmanager wählen ein Investment nicht nur aus, sondern „helfen aktiv dabei mit“, diese weiterzuentwickeln, erklärt die Sprecherin des Neobrokers gegenüber unserer Redaktion. Dafür erheben Private-Market-Fonds „typischerweise“ eine Verwaltungsgebühr und eine performance-basierte Erfolgsgebühr, die nur gezahlt wird, sobald eine Mindestrendite – die sogenannte „Hurdle Rate“ – erreicht wird.

Private Equity: Top-Fonds bleiben Privatanlegern meist verschlossen

Neben der verwässerten Rendite, der Illiquidität und den hohen Gebühren besteht laut Völker ein weiteres Problem: Private-Equity-Fonds sind nicht frei zugänglich, der Zugang zu den besten Fonds und Managern ist begehrt. Große Institutionen wie Pensionsfonds hätten hier die wesentlich besseren Karten und würden bevorzugt behandelt, so Völker.

Dadurch hätten viele potenziell lukrative Fonds bereits genug Geld eingesammelt (sind also geschlossen) bevor sie überhaupt kleinere Investoren erreichen können. „Warum sollten auch ausgerechnet die besten Fonds Privatanlegern angeboten werden, wenn sich Institutionen mit Millionenbeträgen um diese streiten?“, hinterfragt der Berater.

Private-Equity-Fonds bei Trade Republic: Welche Unternehmen stecken in den Fonds genau drin?

Private-Equity-Investments sind generell weniger transparent und reguliert als börsennotierte Anlagen. „Letztlich ist es eine Blackbox, man muss dem Fondsmanagement blind vertrauen und kauft die Katze im Sack“, sagt Völker.

Wir haben bei Trade Republic nachgefragt. Der Neobroker erklärt dazu: Beim EQT-Fonds können Anleger die konkreten Unternehmen, in die der Fonds investiert sind, direkt in der App einsehen. Derzeit sind die Top-Positionen: AMCS mit 3,28 Prozent, Envirotrainer mit 3,26 Prozent und Fortnox mit 3,26 Prozent. Der Investitionsschwerpunkt von EQT liegt auf dem europäischen Markt, insbesondere in den Sektoren Gesundheit und Technologie.

Beim Apollo ELTIF sehen Anleger die strategische Ausrichtung und die Aufteilung nach Sektoren – beispielsweise Technologie, Finanzen, Industrie und Verbrauchermarken. Der Grund für die fehlende Transparenz liege in der Natur von Private-Equity-Investitionen: Transaktionen und Investitionen in private, nicht-börsennotierte Unternehmen unterlägen oft strengen Vertraulichkeitsvereinbarungen. Die Strategie sei primär auf große Übernahmen sowie auf Wachstums- und Infrastrukturgeschäfte ausgerichtet, mit einem geografischen Schwerpunkt in den USA.

Geringe Streuung erhöht das Risiko bei Private-Equity-Investments

Ein weiterer Risikofaktor: „Die Produkte weisen oft eine geringe Streuung auf“, erklärt Sandra Klug, Abteilungsleiterin Geld und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Ein Problem, das auch Völker unterstreicht. PE-Fonds und davon abgeleitete Privatanleger-Produkte bündeln nur wenige Manager, Regionen oder Sektoren und sind wesentlich weniger diversifiziert als breit gestreute ETFs.

Auch Gallus bestätigt diese Risikoproblematik: „Investments in Private Equity sind Investments in Eigenkapital. Mit den großen Chancen gehen hier auch große Risiken einher, die bis zum Totalverlust führen können.“ Einigen Risiken könne man durch Diversifikation entgegenwirken, beispielsweise über Anlagen in verschiedenen Regionen, Sektoren oder Währungen. „Es ist sehr wichtig, zu verstehen, was man im Portfolio hat“, betont er.

Bitte beachten:

Aktien, Immobilien und andere Investments sind grundsätzlich mit einem Risiko verbunden. Auch ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals kann nicht ausgeschlossen werden. Ebenso können Kredite eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Verbraucher sollten ihre finanzielle Situation sorgfältig prüfen und alle Kosten gründlich durchrechnen. Die veröffentlichten Artikel, Daten und Prognosen sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Rechten und ersetzen keine fachliche Beratung.

Ein Grundsatzproblem sieht Völker darin, dass Private Equity nicht an sich eine andere Anlageklasse sei, sondern sich von Investments in am Aktienmarkt gelistete Unternehmen nur durch die Abwesenheit einer Börsennotierung unterscheide. „Alleine deshalb ist es schon unwahrscheinlich, dass die Renditen von Private Equity – im Durchschnitt, langfristig und zu gleichem Risiko – erheblich höher sind.“ Er ergänzt: „Daher gehe ich jede Wette ein, dass die Anleger-Rendite dieser Produkte deutlich unter 12 Prozent liegen wird.“

Private Equity als Beimischung: Maximal fünf Prozent fürs Portfolio

Bei der Frage, wie viel Prozent des Portfolios Private-Equity-Investments maximal einnehmen sollten, gibt es unterschiedliche Positionen. Gallus erklärt: „Einen Pauschalwert gibt es hier nicht. Das hängt sehr stark davon ab, wie hoch die Risiko- und die sogenannte Illiquiditätstragfähigkeit des Einzelnen sind.“ Große US-Universitätsstiftungen legten in Bereichen wie Private Equity zum Teil 30 bis 50 Prozent ihrer Gelder an. „Solche Quoten dürften sehr weit von den Werten der Privatanleger entfernt sein.“

Klug sagt: „Es handelt sich definitiv nicht um ein Einsteigerprodukt.“ Aus Sicht der Verbrauchzentrale sei fraglich, ob solche Fonds überhaupt für Privatanleger geeignet ist. „Allenfalls sollten derartige Produkte als Beimischung dienen. Der Anteil sollte in etwa fünf Prozent des eigenen Vermögens nicht übersteigen“, betont sie.

Völker gibt sich ebenfalls äußerst kritisch: „Für den durchschnittlichen Privatanleger ist Private Equity als Investment nicht zu empfehlen und sollte daher null Prozent betragen. Und mit Sicherheit sollte auch niemand, der keinen größeren Betrag aufbringen kann, einen Beginn mit nur einem Euro wagen.“ Für wohlhabendere Anleger mit Portfolios ab einer Million Euro seien null bis zehn Prozent in manchen Fällen vertretbar, aber nicht unbedingt notwendig. Er empfehle Private Equity seinen Kunden nicht aktiv.

Gallus betont: „Die Anlageklasse zählt zu den renditestärksten, in die man investieren kann. Allerdings sollten sich nur Anleger engagieren, die sich ausführlich mit der Materie beschäftigt haben und sich der Konsequenzen bewusst sind.“ Grundsätzlich helfe dabei ein möglichst langer Anlagehorizont und ein großes Vermögen, mit dem das Kapital zusätzlich gestreut werden könne. „Zudem sollten Anleger zusammen mit einem Partner investieren, der sie hierbei begleitet und ihr komplettes Portfolio im Auge behält.“

Auch Trade Republic erklärt uns, dass die Private-Equity-Fonds sich für Anleger eignen, die einen langfristigen Anlagehorizont mitbringen und bereits über ein diversifiziertes Portfolio verfügen.

Quellen:

Im Gespräch mit Trade Republic am 14. November 2025

Im Gespräch mit Kay Gallus, Co-Leiter Private Equity bei HQ Trust am 12. November 2025

Im Gespräch mit Jonas Völker, Honorar-Finanzanlagenberater bei What.Finance? am 12. November 2025

Im Gespräch mit Sandra Klug, Abteilungsleiterin Geld und Versicherungen Verbraucherzentrale Hamburg e.V. am 11. November 2025

Private Markets - Target Return, in: traderepublic.com. Zuletzt abgerufen am 01.12.2025

An Inconvenient Fact: Private Equity Returns & The Billionaire Factory, von Ludovic Phalippou (2020), in: SSRN. Zuletzt abgerufen am 01.12.2025

Neue Regeln für ELTIF, in: bafin.de. Zuletzt abgerufen am 05.12.2025